November 2005

z.Zt. – 5 Dialoge

24.11. – 18.12.2005

Aki Benemann  ·  Ulrich Bossmann  ·  Margredt Judt  ·  Ingo Schultze-Schnabl  ·  Thomas Kellner

im Dialog mit den Siegener Unternehmern:

Klaus Gayko, von Gayko Fensterbau GmbH, www.gayko.de
Uwe Bittner, von Klein Umformtechnik GmbH, www.klein-ut.de
Dr. Manfred Effler, der Firma Gremako GmbH www.gremako.de
Evelin Slawinski, der Firma Slawinski GmbH, www.slawinski.de
Heinrich Halbe, der Firma Halbe Rahmen GmbH, www.halbe-rahmen.de
Thomas Grammel, von PriceWaterhouseCoopers GmbH, www.pwc.com/de

Städtische Galerie Haus Seel, Siegen

 

z.Zt.
… ist niemand erreichbar

Rede zur Eröffnung der Ausstellung: Jochen Dietrich

Zur Zeit ist niemand erreichbar. Obwohl die Findung des Titels – oder besser des Mottos – dieser Ausstellung nicht von dieser uns allen nur allzu bekannten Formulierung seinen Ausgang nahm, möchte ich sie dennoch zum Ausgangspunkt meines kurzen Berichtes zur Entstehung dieses Projektes nehmen.

Denn am Anfang unserer Überlegungen zur diesjährigen sogenannten Winterausstellung der ASK im Haus Seel stand eine Diagnose. Eine Diagnose, die Anlass zur Sorge geben könnte. Die Diagnose, dass es Ausstellungen wie der althergebrachten Winterausstellung der ASK, mit ihrer breiten Übersicht über die Produktion möglichst vieler Mitglieder der Gruppe, allem Publikumszuspruch zum Trotz nicht mehr uneingeschränkt gelingt, ihr Publikum auch zu erreichen. So zumindest könnte man die Tatsache bewerten, dass zuletzt und im Gegensatz zu früher nur noch wenige Arbeiten aus den Ausstellungen verkauft wurden. Desgleichen wurde auch die Vermutung geäußert, dass von einer derartigen Ausstellung nur noch wenige Impulse ausgingen, die ein wahrnehmbares Echo im kulturellen Leben der Region hinterließen. Sollte es am Ende ein Zug der Zeit sein, dass die bildende Kunst sich im Grundrauschen des medialen Überangebotes kein Gehör mehr schaffen kann?

Aus den Debatten der Gruppe darüber, warum möglicherweise zur Zeit niemand erreichbar sei, warum – um bei der Telefonmetapher zu bleiben – der Versuch zur Kommunikation, den man unternimmt, Gefahr läuft, in einer Warteschleife zu versanden, entstand die Idee, die Kommunikationssituation selbst zum Gegenstand des Experimentes zu machen, das die ASK Ihnen hier und heute vorstellt.

Kern dieses Experimentes ist es, der Gefahr eines Monologs der Künstler dadurch zu begegnen, dass man auf neue Weise den Dialog mit dem Publikum sucht. Die eigene Arbeit zu zeigen, sie auszustellen oder in Katalogen zu präsentieren, ist selbst natürlich bereits ein Angebot zum Gespräch. Insofern jedoch die Auswahl dessen, was man zeigt und die Art der Präsentation regelmäßig allein auf der Seite der Produzenten getroffen wird, d.h. vom Künstler oder allenfalls noch dem Ausstellungsmacher oder Kurator, bleibt die Rolle des Publikums eine eher passive. Im guten Falle perfekt, im schlechtesten Falle hermetisch, jedenfalls und immer Fix und Fertig tritt ihm die Ausstellung gegenüber, und es bleibt ihm, in Abwandlung einer Bemerkung Heines, lediglich zu „schauen und begaffen, wie wir hübsch die Kunst erschaffen“. Diese Rollenverteilung galt es aufzubrechen, und eine organisatorische Eigenart der ASK wies uns den Weg bei unserem Versuch dazu.

Seitdem die Künstler der ASK sich die festere Form eines eingetragenen Vereins gegeben haben, hat die Gruppe auch einen 1.Vorsitzenden, etwas was das frühere Selbstverständnis offenbar nicht zugelassen hatte. Dieser ist nie selbst einer der beteiligten Künstler. Meiner Meinung nach verdankt es sich neben anderem vor allem dieser Tatsache, dass die Gruppe bis heute existiert und damit als eine der ältesten bestehenden Künstlervereinungen Deutschlands gelten darf. Denn erfolgreich wurde so vermieden, dass inhaltliche, künstlerische, ideologische oder ähnliche Differenzen zu Flügelkämpfen, Investiturstreitereien oder Spaltungen geführt hätten. Statt dessen wird der Vorsitz stets dem amtierenden Direktor der hiesigen Filiale der deutschen Bank angetragen, und wie seine Vorgänger hat Herr Mark Sauer dieses Anerbieten angenommen. Was ihn allerdings von seinen Vorgängern unterscheidet, ist das Ausmaß an Enthusiasmus, mit dem er Zeit, Energie und Ideen in dieses Ehrenamt investiert, und wofür ihm hier ausdrücklich gedankt sei. Daher konnte die ASK bei der Frage, wie denn ein Dialog mit dem Publikum sinnvoll anzubahnen sei, erstens sehr kurze Wege gehen und sich zweitens auf einen Partner mit guten Kontakten verlassen.

So erging also vermittelt über die DB an deren Geschäftskunden das Angebot, die aktuelle Ausstellung zu kuratieren, sozusagen stellvertretend für das größere Publikum. Die ASK stellte eine CD-rom zusammen, auf der die interessierten Mitglieder sich selbst und ihre Arbeit präsentierten, und die am Projekt interessierten Firmen bzw. deren Vertreter wählten daraus aus, mit welchem Künstler bzw. Künstlerin sie zusammenarbeiten wollten. In einem eng gesetzten Zeitplan wurde der Kontakt zwischen „Publikums-Kurator“ und KünstlerIn hergestellt, man lernte sich persönlich kennen, führte Gespräche zur Auswahl und zur Präsentation der Arbeiten.

Das Ergebnis sehen wir hier. Fünf Begegnungen, die ihren Niederschlag in den fünf Abteilungen der Ausstellung finden, d.h. in der Auswahl der KünstlerInnen und ihrer Werke, aber auch in fünf statements, fünf Schlaglichtern auf die Dialoge, die zur jeweiligen Auswahl geführt haben.
Dialoge funktionieren dann besonders gut, wenn beide Seiten etwas davon haben. Offensichtlich haben wir mit unserem Gesprächsangebot offene Türen eingerannt, denn es fanden sich viel mehr interessierte Firmen, als wir erhofft hatten, doppelt so viele, um genau zu sein, als hier unterzubringen waren. Das macht zunächst Hoffnung darauf, dass diese Ausstellung keine Episode sein muss, sondern so etwas wie ein Pilotprojekt sein kann zu weiteren, ähnlich oder anders strukturierten Dialogen. Es zeigt auch, dass Künstler ein Angebot zu machen haben, das – wenn man bereit ist, zeitgemäße Formen zu finden – durchaus ankommt.

Dass auch die beteiligten Firmen hier ein Forum finden, sich selbst darzustellen, ist dabei nur ein erster, vordergründiger Mehrwert, den sie aus der Kooperation mit KünstlerInnen ziehen können. Angesichts leerer öffentlicher Kassen wird gern davon geredet, dass es nun daran sei, „die Wirtschaft“ zur Finanzierung von Kultur in die Pflicht zu nehmen. Aktuelle Studien zum so genannten Kultursponsoring (verwiesen sei auf die von ver.di 2004 initiierte Studie zur Situation der darstellenden Künste in Köln, oder die beiden von der Maximilians-Universität München im Auftrag des BDI durchgeführten Untersuchungen) zeigen jedoch mit einer gewissen Ernüchterung, dass es jenseits simpler Tauschgeschäfte vom Typ „Geld gegen Logo“ noch sehr viel Phantasie bedarf, um „die Kultur“ und die oft so ganz anders funktionierende Kultur der Wirtschaft miteinander ins Gespräch zu bringen. So gern man auch Amerika als das gelobte Land der nichtstaatlichen Kulturförderung ins Feld führt, darf man nicht vergessen, dass unser Steuer- und Stiftungsrecht ganz anders aussieht. Wenn aber ein Unternehmen nicht unmittelbar und nachweisbar finanzielle Vorteile aus seinem Engagement für Kunst und Kultur ziehen kann, dann bleiben wir entweder bei den gegenwärtigen Prozentzahlen stecken (nach denen in Deutschland nichtstaatliche Kulturförderung weit unter 1 % ausmacht), oder es muss es erst recht darum gehen, gemeinsam und im Gespräch miteinander neue Formen zu finden, wie Kunst und Wirtschaft einander gegenseitig bereichern können. Viele Vorschläge dazu wurden gemacht.

Zur Zeit ist niemand erreichbar. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Unsere Nachricht lautet: Der Dialog lohnt sich, und zwar bereits jetzt. In der Vorbereitung dieser Ausstellung haben Künstler und Wirtschaftsvertreter viel Neues über einander erfahren, aber auch über sich selbst. Das Gespräch hat begonnen. Wir laden Sie ein, sich daran zu beteiligen. Wer weiß, wo es uns hinführt…

 

PDF-Download:  2005-11_ASK_zZt_5_Dialoge

 

Die Partner

GAYKO Fenster-Türenwerk GmbH – Ulrich Bossmann

 

Gremako – Gregory & Maackens GmbH & Co KG – Aki E. Benemann

 

Halbe Rahmen GmbH – Margret Judt

 

PriceWaterhouseCoopers – Thomas Kellner

 

Slawinski & Co GmbH – Ingo Schultze-Schnabl

 

Wirtschaft und Kunst im Dialog

Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler geht mit Winterausstellung neue Wege

Siegener Zeitung 2005-11-24

zel Siegen. »Ich bin überrascht, wie gut mir die Auswahl gelungen ist«: Heinrich Halbe von der Firma Halbe Rahmen in Kirchen hat zwar professionell mit Kunst zu tun. Aber als Kurator einer Ausstellung tätig zu sein, ist doch noch mal etwas anderes. Die Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler (ASK) eröffnet heute um 19 Uhr in der Städtischen Galerie Haus Seel in Siegen ihre traditionelle Winterausstellung. Nicht traditionell, sondern ganz neu ist die Art, wie die Schau (bis 18. Dezember) zustande gekommen ist. Mark Sauer, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Siegen und 1. Vorsitzender der ASK, und Ingo Schultze-Schnabl (2. Vorsitzender), eine Doppelspitze aus Wirtschaft und Kunst, wollten diesmal weg von der jährlichen Werkschau, für die die teilnehmenden Künstler ihre Arbeiten selbst auswählen und das zeigen, was ihnen am Herzen liegt. Also bauten sie eine Art »Filter« ein, um näher am Publikum zu sein, stellten klammerbildend das Thema »Zeit« in den Raum und interessante Dialoge in Aussicht – und zwar zwischen Wirtschaft und Kunst. Vermittelt durch Mark Sauer, waren fünf Persönlichkeiten aus regional agierenden Unternehmen bereit, Kuratoren zu werden und sich mit der Kunst und ihren Machern auseinander zu setzen. Von dem neuen Format erhoffen sich die Macher, eine breitere Öffentlichkeit anzuziehen, da die Auswahl ja nun bereits durch »Publikumsaugen« geschehen ist.

Ursprünglich seinen 14 Paarungen geplant gewesen, erläuterte Mark Sauer während einer Presse-Vorbesichtigung der Ausstellung »z.Zt. – 5 Dialoge«. Aufgrund von Zeit (!)-Problemen auf Wirtschaftsseite kamen schließlich – wie der Titel zeigt – fünf Paarungen zustande. Die Wirtschaftsvertreter hatten sich »ihre« Künstler aus 14 ASK-Mitgliedern im Angebots-Katalog ausgewählt. Vertreten sind die Wilnsdorfer Firma Gayko Fensterbau (hier Chefsekretärin Jutta Linke) und der Künstler Ulrich Bossmann, Gregory & Maackens aus Lennestadt (Dr. Manfred und Sonja Effler) und die Künstlerin Aki E. Benemann, Halbe-Rahmen aus Kirchen (Heinrich Halbe) und die Künstlerin Margret Judt, Slawinski & Co. aus Siegen (Evelyn Slawinski) und der Künstler Ingo Schultze-Schnabl sowie Price Waterhouse Coopers aus Siegen (Thomas Grammel) und der Künstler Thomas Kellner.

Termine wurden vereinbart, Firmen und im Gegenzug Ateliers besucht, Gespräche entsponnen sich über die Zeit und andere Dinge, es wurden Arbeiten begutachtet und man überlegte gemeinsam, was man auswählen könnte für die Winterausstellung. »Kunst soll mich erfreuen, mir helfen, den Alltagsstress zu verarbeiten«, erklärte beispielsweise Heinrich Halbe, der sich Margret Judt ausgesucht hatte, die er seit vielen Jahren kennt: »Da gehst du kein großes Risiko ein«. Stressig sei es dann doch geworden, als die Künstlerin ihre Schubladen geöffnet habe: »Ich war überwältigt von der Herausforderung und der Bandbreite von Arbeiten«, erinnerte sich Halbe. Wie erwähnt, ist er mit der Auswahl der Arbeiten zufrieden. Zusammen gestellt hat er ältere und neuere Bilder in verschiedenen Techniken, die Judts Thematik, Stoffe und Faltenwurf, umfassend darstellen. Sehnsucht nach Harmonie, Ruhe, warmen Farben, Einfachheit der Form (Quadrat) – das waren Überlegungen, die in die Werksauswahl bei Aki E. Benemann mit eingegangen sind. Zu ihren bereits existierenden Arbeiten zum Thema »HORA« (die Stunde) schuf sie zwei Stelen mit Kubus mit den Aufschriften »Stillstand«, »Ruhe«, »Hektik« und »Produktivität« auf der einen und »Austausch«, »Schweigen«, »Verstehen«, »Monolog« auf der anderen. Außerdem legt Benemann ihr Buch mit Zeichnungen zum Buch »Das Handbuch der Inquisitoren« von Antonio Lobes Antunes vor.

Von Ingo Schultze-Schnabl sind mehrteilige, »aufgefächerte« Arbeiten zu sehen, aber auch »stillere« Tuschezeichnungen. Der Fotograf Thomas Kellner zeigt mit der Kamera in Einzelbilder dekonstruierte Architektur wie den New Yorker Times Square oder Londons Big Ben, bei Nacht aufgenommen. Ulrich Bossmann schließlich hat u. a. ein »Experiment mit Halbstuhl« gemacht, das in den Raum hinein geht und, wie er in seinen Überlegungen zum Dialog mit dem Unternehmen mitteilt, durch die Öffnung in der Stuhllehne eine Verbindung zum Fenster herstellt.

 

Pressestimmen

Westfalenpost 2005-11-23

 

Westfaelische Rundschau 2005-11-23

 

 

Siegerländer Wochen Anzeiger 2005-11-30