November 2007

Blicke. Von Außen.

29.11. – 20.12. 2007

Marc Baruth  ·  Jochen Dietrich  ·  Andrea Freiberg  ·  Margret Judt  ·  Renate Hahn  ·  Petra Oberhauser

Städtische Galerie Haus Seel, Siegen

Begruesssung durch den Buergermeister der Stadt Siegen, Herrn Steffen Mues

 

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Kulturmacher der Partnerstaedte entwickeln Ausstellung der  ASK

Die Ausstellung zeigt sechs unterschiedliche Konzepte und Arbeitsweisen, die sich mit sechs Namen verbinden. Einige davon – Margret Judt, Jochen Dietrich, Petra Oberhaeuser – sind als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Siegerlaender Kuenstler dem lokalen Publikum ein Begriff, andere –   Marc Baruth, Renate Hahn, Andrea Freiberg – sind zwar ebenfalls laengst keine Unbekannten mehr, wurden bislang jedoch nicht mit der ASK in Verbindung gebracht. Seit diesem Jahr sind sie jedoch dabei und begegnen dem Publikum nun im Dialog mit der bekannten und ruehrigen Kuenstlergruppe. Die Zusammenstellung ihrer zum Teil sehr unterschiedlichen Positionen in einer Ausstellung verdankt sich dem besonderen Konzept von „Blicke. Von Außen“. Erstmals wurden hierfür Kunstexperten aus drei Partnerstaedten der Stadt Siegen eingeladen, ihren Blick auf die lokale Siegerlaender Szene ins Bild zu setzen.

Christoph Melzer von der Zitadelle Spandau in Berlin, Friedrich Reichel vom Vogtlandmuseum Plauen und Layla Bloom von der Leeds City Art Gallery nahmen die Einladung an und zeigten sich begeistert von der Vielfalt und Qualitaet der Arbeiten, die die ASK-Kuenstler ihnen vorstellten. Ab dem 29. November ist die Auswahl, die sie daraus trafen, im Haus Seel zu sehen. 2008 geht „Blicke. Von Außen.“ dann auf Tour, denn die Aktion der ASK hat in Siegens Partnerstaedten Appetit auf mehr Kunst aus dem Siegerland gemacht.

 

 

Blicke. Von Außen.

Jochen Dietrich: Einführungsvortrag zur Eröffnung der Ausstellung, 29. November 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

Herr Franz-Josef Mockenhaupt, der Präsident der IHK Siegen, den wir um einen Eröffnungsvortrag gebeten hatten, lässt sich leider entschuldigen – er ist erkrankt.  Auch die sonst gern gewählte Möglichkeit, den bereits vorbereiteten Text des eingeladenen Redners wenigstens durch einen Ersatzmann vortragen zu lassen, ließ sich nicht realisieren. Wenn etwas schief geht, geht es, wie Sie wissen, zumeist so schief wie möglich: Frau Tanja Burk, die die Öffentlichkeitsarbeit der IHK organisiert und die unsere Ansprechpartnerin in dieser Sache war, ist nicht greifbar gewesen – sie ist im Urlaub.

Ihnen, verehrtes Publikum, zum Troste: Zu den hier versammelten Arbeiten von sechs Mitgliedern der ASK hätten Sie von Herrn Mockenhaupt ohnehin nichts erfahren. Wir hatten ihn gebeten, die Ausstellung zum Anlass zu nehmen, eher über seine Arbeit zu sprechen als über unsere. Jedenfalls soweit sich da Überschneidungen ergeben. Diese hätten uns sehr interessiert, und umso bedauerlicher ist sein Fehlen.

Warum uns die Perspektive des Wirtschaftslobbyisten und -kenners interessiert hätte? Es liegt an der besonderen Art des Zustandekommens dieser Ausstellung. Herr Mues, der Bürgermeister der Stadt Siegen, hat dazu in seinem Grußwort bereits wichtige Informationen gegeben. Hierzu  vielleicht noch einige Ergänzungen und Anmerkungen.

Der Titel der Ausstellung Blicke.Von Außen  benennt in nüchterner Art und Weise die Grundidee. Wie alle guten Ideen ist diese ganz einfach: statt selbst auszuwählen, was zu zeigen wäre, stellten wir die Gruppe und ihre Mitglieder mittels eines Kataloges auf CD Kulturmachern außerhalb des Siegerlandes vor, mit der Bitte, uns ihre Sicht auf die Siegerländer Kunstszene mitzuteilen.

Wie findet man solche Kulturmacher? Man bedient sich bestehender Netzwerke. Netzwerke, deren Wert zuweilen unterschätzt wird, die aber, wenn man sie aktiviert, durchaus gut funktionieren, wie wir feststellen durften. Diese Netzwerke sind die Städtepartnerschaften, die Kreis und Städte des Siegerlandes mit  einer großen Zahl von Städten innerhalb und außerhalb Deutschlands verbinden.

Innerhalb kürzester Zeit hatten wir so ein Team renommierter Fachleute zusammen, die ihre Mitarbeit zusagten: Christoph Melzer von der Zitadelle Spandau in Berlin,   Friedrich Reichel vom Vogtlandmuseum Plauen und Layla Bloom von der Städtischen Kunstgalerie in Leeds.

Gemäß der Auswahl dieser drei Kuratoren zeigt die  Ausstellung sechs unterschiedliche Konzepte und Arbeitsweisen, die sich mit sechs Namen verbinden. Einige davon – Margret Judt, Jochen Dietrich, Petra Oberhäuser – sind als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler dem lokalen Publikum ein Begriff, andere – Mark Baruth,  Renate Hahn, Andrea Freiberg – sind zwar ebenfalls längst keine Unbekannten mehr, wurden bislang jedoch nicht mit der ASK in Verbindung gebracht. 2007 in die Gruppe aufgenommen, sind sie heute erstmals dabei, und ich nutze die Gelegenheit, sie auch noch einmal öffentlich in der ASK willkommen zu heißen.

Drei Blicke von Außen auf die Kunst im Siegerland. Das Konzept scheint aufzugehen. Man hat uns – ich lasse die Bescheidenheit für den Moment außen vor; wenn der Festredner absagt, muss man sich eben selber loben – man hat uns in Leeds, Berlin und Plauen heftig zu der Idee gratuliert, erstens überhaupt nach Außen zu gehen und sich zweitens damit dem unabhängigen Urteil von Beobachtern zu stellen, die niemandem etwas schulden und kein Blatt vor den Mund nehmen würden. Man hat sich gefreut darüber, aktuell und gezielt über die Kunstszene in der Partnerstadt Siegen informiert zu werden. Und man ist neugierig geworden auf Kunst aus Siegen.

Heute Nachmittag erreichte uns aus Berlin die Mitteilung, dass „Blicke.Von Außen.“ dort 2009 in der Zitadelle Spandau gezeigt werden wird. Auch aus Leeds gibt es bereits jetzt konkrete Signale, weiteren Städten werden wir die Ausstellung anbieten, so dass wir zuversichtlich sind, Blicke.Von Außen ab 2008 auf eine längere Tour schicken zu können.

Der Katalog, der unser wichtigstes Werkzeug zu Aufbau und Aktivierung des Netzwerkes war, ging den Kuratoren in Form einer Datei zu. Wir haben eine Print-Version anfertigen lassen, die Sie vorn am Eingang einsehen können. Sie können sie darüber hinaus auch erwerben und sich damit – recht exklusiv – den Überblick über den Stand der Dinge in Sachen Kunst im Siegerland verschaffen: 21 Künstlerinnen und Künstler, 126 Abbildungen.

Dieser Katalog wird  in den nächsten Jahren – ständig weiter aktualisiert – im immer weiter wachsenden Netzwerk kreisen und unseren Mitgliedern, wie wir hoffen, neue internationale Ausstellungsmöglichkeiten eröffnen. Schließlich – und auch das hätte eine Brücke zum Vortrag von Herrn Mockenhaupt sein können – versteht sich die Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler vor allem als eine Art Lobby-Verein, dem es darum geht, der Kunst und den Künstlern dieser Region Wege zu ebnen: Wege zum Markt, Wege zum Publikum.

Wenn gleichzeitig auch die Entscheidungsträger in der Region Gefallen daran finden, dass die Kunst mithilft, Brücken zu bauen – umso besser. Ich denke, dass ich Herrn Mues durchaus so verstehen durfte, und bedanke mich um so mehr für seine freundlichen Worte zu Beginn.

Abschließend entschuldige ich meine Weigerung, Ihnen zu erklären, wie Sie, meine Damen und Herren, die ausgestellten Arbeiten zu verstehen haben. Ich tue dies unter Verweis auf die Texte, die die beteiligten Kuratoren über die Arbeiten und Arbeitsweisen der sechs Künstler geschrieben haben und die Sie gleich neben diesen Arbeiten finden und studieren können.
Ich tue dies zweitens mit dem Hinweis, dass alle sechs Künstlerinnen und Künstler heute Abend hier sind und Ihnen gern Rede und Antwort stehen.

Und ich tue es schließlich auch im Vertrauen auf die Blicke von Außen: in diesem Fall auf Ihren Blick, den des Publikums, dem wir uns gerne stellen, ohne uns hinter wortreichen Vorträgen zu verstecken.

Viel Vergnügen!

 

Von den Kuratoren über unsere Kuenstler:

Layla Bloom (City Arts Gallery, Leeds) über Marc Baruth

In seiner jüngsten Arbeit „Der verlorene Sohn“ verbindet Marc Baruth kunstgeschichtliche Referenzen mit dem zeitgenössischen Medium der digitalen Fotografie; das Resultat ist eine Verflechtung von Fotografie und Malerei.

Durch ihre Bezugnahme auf die gemalten Landschaften des ebenfalls aus Siegen stammenden Künstlers Peter Paul Rubens machen sich Baruths Kompositionen die authentische „Aura“ der Malerei zunutze. Die Einzigartigkeit und Künstlichkeit der Malerei veranlassen den Betrachter zum Innehalten und Nachdenken, wohingegen die Allgegenwärtigkeit der Fotografie in den Massenmedien zur Folge hat, dass der Betrachter die dargestellten Aufnahmen ohne weitere Überlegung als „Realität“ wahrnimmt. Diese Bilder jedoch schichten auf recht grobe Weise Ansichten der Natur um Siegen und in Flämisch-Brabant aufeinander und fügen Figuren hinzu, die mit modernen Freizeitaktivitäten beschäftigt sind. Dies hinterlässt einen geradezu unheimlichen Eindruck. Baruth macht die Manipuliertheit der Fotografien eindeutig erkennbar, wodurch das Konstruierte der Bilder verdeutlicht wird und der Betrachter zum Nachdenken über deren Bedeutung gezwungen wird. Die nur teilweise zusammenhängenden Bilder beunruhigen uns und zwingen uns zum Überdenken des massenmedialen Bombardements mit Bildern sowie deren unausgesprochenen Botschaften, die wir kritiklos konsumieren.

Anders als bei Rubens’ pastoralen Darstellungen stehen die Figuren in Baruths Bildern nicht in Beziehung zu der Natur, die sie umgibt. Die Natur fungiert lediglich als Bühne oder idealisiertes Bühnenbild für die Aktivitäten dieser entfremdeten Vergnügungssuchenden. Dadurch stellt Baruth unser Verhältnis zur Natur sowie unser historisches Bedürfnis, die Natur zu kontrollieren und zu besiedeln, in Frage.

Durch seine Neuinterpretation historischer Landschaften mit Hilfe zeitgenössischer Handelnder gestattet Baruth den Betrachtern seiner Bilder zudem die Einnahme mehrerer Perspektiven und zeigt Herangehensweisen zum Verständnis dieser Szenen auf. Sein „Einbruch“ in diese „fremdartige“ Vergangenheit hält den Betrachter dazu an, seine Wahrnehmung der Vergangenheit und gleichzeitig seine Vorstellungen von Gegenwart und Zukunft in Frage zu stellen.

 

Christian Melzer ( Zitadelle – Bereich Ausstellungen, Berlin-Spandau) über Jochen Dietrich

Betrachtungen jenseits des Klassischen
Bei erster, oberflächlicher Betrachtung erscheinen die Arbeiten Dietrichs wie am Computer entworfene, gestrickte Bildkompositionen. „Fatal Error“ würde dieser melden, denn Dietrich bedient sich einer völlig anderen „Maschinerie“ – einer selbstgebauten Lochkamera. „Ich stelle Situationen her, in denen Bilder entstehen können“, sagt er, und ist gezwungen, da die Kamera keinen Sucher hat, nicht aus der direkten Beobachtung, sondern aus der Vorstellung, was die Kamera sieht, sich ein Bild vorher im Kopf auszumalen. Dabei ist auch der entscheidende Unterschied zur Spiegelreflexkamera zu sehen, nämlich die Art, wie die Lochkamera mit ihren langen Belichtungszeiten den Prozess der Belichtung in ein komplexes Ritual verwandelt. Da Dietrichs selbstgebaute Lochkamera kein Gewinde für ein Stativ hat, muss er sie auf den Boden oder eine Erhöhung legen, wodurch sich eine weitere Eigenart seiner Bilder begründet.Durch sein gekonntes Spiel mit der Lochkamera und all ihren Möglichkeiten entstehen Bilder mit expressiven, teils surrealistischen Zügen. Sie wirken leblos, visionär, utopisch – ohne dass dies ein Widerspruch sein muss -, Stadtlandschaften werden zu einer geheimnisvollen und mystischen Theaterkulisse. Doch bei aller Bedrohlichkeit und dem Hauch des Unheimlichen bleiben etwas Menschliches und ein Ausweg. Dietrichs Arbeiten schärfen die Sinne für Betrachtungen jenseits des Klassischen, für eine Formensprache und Motivwelt, die wie eine ästhetische Opposition gegen das Kanonische, Klassische aber auch gegen den Zeitgeist und die Einflussbereiche der Realität erscheinen.

Der Künstler hat mit der Lochkameratechnik in Zeiten digitaler Fotografie eine Möglichkeit gefunden, über technische Manipulierbarkeit und das Verhältnis von Abbild und Urbild zu reflektieren. Mit der Lochkamera kann Dietrich Strategien des Undogmatischen und des Grotesken, des Verzerrenden und Nebulösen verfolgen, und sie ist geradezu unakademisch.

 

Layla Bloom (City Arts Gallery, Leeds) über Andrea Freiberg

Andrea Freibergs Kunst setzt sich mit Metamorphosen auseinander. Mit „open field“ lädt Freiberg ihr Publikum dazu ein, eine Skulptur, bestehend aus einzelnen Bauelementen, zu verändern. Die neutralweißen und dadurch assoziationsfreien Tetraeder bieten eine maximale Anzahl von Möglichkeiten zur Zusammensetzung. Durch die Getreidefüllung haben die „Bausteine“ den Vorteil, selbst formbar zu sein. Ihre Weichheit lädt zur Berührung ein; die taktile Erfahrung in der Handhabung mit den Tetraedersäckchen verleitet das Publikum zur Teilnahme. Freiberg überlässt ihren Rezipienten die Bauteile zur „freien Verfügung“ – sowohl in Innenräumen, als auch im Außenraum und sogar auf Auslandsreisen.

Traditionelle Vorstellungen von Kunstwerken als Unikate umgehend ist Freibergs Kunst vielmehr iterativ. Die Wirkung der Arbeiten geht von den endlosen Wiederholungen neuer Permutationen aus. In „polnisches Mädchen“ untersucht Freiberg dieses Konzept auf andere Weise: Sie greift einen kurzen Moment – den Anblick eines jungen Mädchens bei einer Hochzeit in Danzig – heraus und reproduziert ihn zwölf Mal, in subtil unterschiedlichen Interpretationen. Im Unterschied zu „open field“, wo sich die Bestandteile von Freibergs Skulptur – die bereits bis ins ferne Island transportiert worden sind – durch Raum und Zeit dauernd verändern, hält „polnisches Mädchen“ einen einzelnen Augenblick fest und multipliziert ihn entlang erfundener Achsen.

Den Inszenierungen beider Arbeiten liegen soziale Metamorphosen zugrunde. „open field“ ist keine Komposition aus einzelnen Bauteilen, sondern aus deren Umformung durch Andere, … das Ergebnis ist ein Netzwerk aus gemeinsamen Erfahrungen. „polnisches Mädchen“ verweist auf gesellschaftliche Spannungen in Polen und die dortige Koexistenz von traditionellen Motiven mit modernen Entwicklungen. Freibergs wechselnde Ansichten einer anschaulichen Szene sprechen auch von diesem breiteren Kontext.

 

Christian Melzer ( Zitadelle – Bereich Ausstellungen, Berlin-Spandau) über Renate Hahn

Warnung und Träume
Renate Hahn als Keramikerin zu bezeichnen, sie in eben dieser Schublade abzulegen, wäre sicherlich verkehrt. Nein sie ist eine Suchende, eine Experimentatorin. Wo sind die Grenzen des Materials, der Kombination von Materialien und Techniken? Ein Thema beschäftigt sie und will in sieben Arbeiten künstlerisch umgesetzt sein.

Da ist die Auseinandersetzung mit der Gentechnologie und DNA-Diskussion in bereits sechs Arbeiten – die siebente soll folgen – „Happy Puppets“ als Warnung: Porzellanfiguren im Wasserglas, erinnernd an abgegangene, missgebildete Föten, in Formalin für Forschungszwecke abgelegt, oder Gesichter aus Porzellan, eng auf die Schulter gedrückt, ohne Körper. Ihre mongoloiden Züge können nicht rein zufällig sein. Das Thema schließt mit Terrakottafiguren auf kleinen Stelen, Ergebnissen medizinischer Forschung mit ahnbaren Extremitäten. Lächeln sie leicht? Sie wurden wenigstens am Leben gelassen. Wer denkt dabei nicht an Contergan, jüngst wieder in die öffentliche Diskussion gerückt.

„Die verlorenen Träume des Lebens“ sind ein anderes Thema, begonnen mit der Arbeit „Der Froschkönig ist tot“. Ein getrockneter Frosch (er wurde so gefunden) eingehüllt in einen Sarg aus Stäben von Acrylglas. Das Licht kann spielen, ein Hauch von Märchenhaftigkeit, jedoch kann der Horizont im Licht brechen. Der Traum des Prinzen ist geplatzt. Irgendwo existieren im Leben immer gebrochene Horizonte. „Die Zerbrechlichkeit des Lebens ist die Stärke des Menschen“, sagt sie und hinterfragt laufend sich und ihre künstlerische Arbeit, genauso wie die Notwendigkeit, die in ihrer Vorstellung bereits existierenden sechs weiteren geplatzten Träume künstlerisch darzustellen, auch wenn das eigentlich ihr Traum wäre, vielleicht ahnend, dass auch dieser platzen kann.

Schade, dass in der Ausstellung aus Platzgründen keine der Installationen Renate Hahns gezeigt werden kann.

 

Frank Weiß (Vogtlandmuseum Plauen) über Margret Judt

„Immer hat mich Textiles fasziniert. Verfaltungen zu finden und sich damit auszudrücken war und ist mein Weg. Verhüllen und verdecken, aufdecken und zudecken. Zerfetzen und zerreißen. Die Ausdrucksformen sind wandlungsfähig.“

So beschreibt die 1934 in Krefeld geborene und an der dortigen Meisterschule ausgebildete Siegener Künstlerin Margret Judt ihre künstlerischen Ambitionen. In bewundernswerter Variabilität gelingt es ihr, das Erscheinungsbild textiler Materialien in der Redundanz von Formen und Farben wiederzugeben, Plastisches überzeugend in die Zweidimensionalität umzusetzen. Man mag darin nicht nur eine formal gestalterische Angelegenheit sehen, sondern zugleich eine philosophische Komponente erkennen, die im einfachen, traditionsgebundenen Gegenstand, seinen wandelbaren und scheinbar zufälligen Konstellationen nach Ordnung sucht. Die Darstellungen geraten damit gleichsam zur Metapher für die zahlreichen oft sprunghaften Veränderungsprozesse einer schnellebigen Zeit, einer komplizierten und für den einzelnen immer unüberschaubarer werdenden Welt mit ihren sich wechselseitig bedingenden Erscheinungen und Zuständen. Textilien haben den Menschen auf seinem Weg durch die Geschichte jahrtausendelang begleitet, sie stehen daher gewissermaßen für Kontinuität, auch wenn sich ihr Aussehen Zeiten und Zwecken angepasst hat. Vom Menschen gefertigt, dienen sie ihm in oft sehr unmittelbarer Weise, werden ihm nicht nur rein körperlich zur „zweiten Haut“. Das Sprichwort „Kleider machen Leute“ nimmt etwas davon auf. Interessante und ästhetisch anspruchsvolle Gemälde sind Margret Judts Werke also allemal.

 

Frank Weiß (Vogtlandmuseum Plauen) über Petra Oberhäuser

Petra Oberhäuser künstlerische Arbeit hat ihre eigene Sprache gefunden. Sie erspürt in experimenteller Arbeit kontrastierende Materialien, stellt mit ihnen ungewohnte Zusammenhänge her und dringt in fantasievoll-figurativer Weise zum Wesen der Dinge vor. Sie findet ungewöhnliche Ausdrucksmöglichkeiten des Materials und erreicht damit Metaphern für eine andere Wirklichkeit.

Materialien wie Wachs, Glas, Blei, Papier, Netze und Schichten faszinieren sie, nicht zuletzt durch ihre gegensätzlichen Eigenschaften; einerseits sind sie fließend, weich, transluzent, andererseits hart, undurchdringlich und kompakt. Sie verwandelt Papier mit Grafit geschwärzt und gefaltet in eine imaginäre Wasser-oberfläche; sie schichtet große quadratische, gewachste Papiere zu einem Kubus auf. Das in Keramikformen geschmolzene Glas in Keil-, Boots- und Amöbenform erinnert in seiner halbtransparenten, grünlichen Eigenschaft an ein Stück Ozean.

Die Arbeiten aus Blei bestechen durch die fließende, ungleichmäßige, fast organische Oberfläche, wirken aber trotzdem metallisch schimmernd, anthrazitfarben kalt und unnahbar. Durch die Zwiesprache und Kombination dieser Werkstoffe erreicht sie zusätzlich besonders reizvolle Wirkung.
Sie verhilft dem Material durch ihre künstlerische Ausdrucksweise zur Ästhetik und Poesie.

Ihre Ausstellungen und Projekte haben teilweise an ungewöhnlichen Orten stattge-funden. Ihre Objekte und Installationen korrespondieren mit den Naturgewalten in Höhlen, Stollen und Flüssen. Wasser in seinen Erscheinungsformen und seiner be-wegten Oberfläche faszinieren sie, weshalb Petra Oberhäuser sie in verschiedenen Techniken und Materialien nachempfindet.

 

 

Pressestimmen

SiegenerZeitung  2007-12-01

 

Westfaelische Rundschau 2007-12-01

 

Westfalenpost 2007-12-01